Bestehende Gesetze und eingeübte Verfahrensgänge mit Innovationen in Einklang zu bringen, stellt die Verwaltungen immer wieder vor neue Aufgaben. In Osnabrück sah sich die Verwaltung mit einem mobilen Schweinestall konfrontiert, der nicht so recht in die typischen Schablonen passte. Doch gerade in Zeiten, in denen sowohl Bürger als auch Politik in der Tierhaltung eine Stärkung des Tierwohls und des Verbraucherschutzes fordern, wäre es wünschenswert, wenn solche praktischen Umsetzungsbemühungen nicht unnötig erschwert und Pionierarbeit unterstützt würde. Der Fall zeigt hierbei notwendigen Verbesserungsbedarf in Behörden auf. Dafür wird der Herr Sachteleben heute mit dem mit 50.000 EUR dotierten „Werner-Bonhoff-Preis-wider-den-§§-Dschungel“ ausgezeichnet.

Peer Sachteleben bewirtschaftet seit 2018 gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin den Bioland-zertifizierten Betrieb „Schlehbaumhof“ in Osnabrück, mit aktuell 7 Zuchtsauen und 50 Mastschweinen. Auf 35 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche baut er Futtergetreide und Ackerbohnen für die Schweine an. Da seine ursprünglich geplante Freilandhaltung der Schweine im März 2016 vom Veterinärdienst des Landkreises Osnabrück eine Absage erhielt, entwickelte der Landwirt eine alternative Auslaufhaltung in sog. Mobilställen, um sein Ziel doch noch umsetzen zu können. Die Mobilställe sind mit den Tieren an Bord fahrbar und werden einmal im Monat auf eine neue Weidefläche umgesetzt, auf der sich die Tiere suhlen können. Bei Gefahren von außen, können die Tiere in die abschließbaren Mobilställe verbracht werden.

Doch seine Innovation führte bauordnungsrechtlich zu diversen Problemen, weil sich das zuständige Bauamt nicht durchringen konnte, diese wie mobile Hühnerställe als „verfahrensfrei“ einzuordnen. Dies machte ein förmliches Baugenehmigungsverfahren erforderlich, das knapp zwei Jahre andauerte. Bereits das förmliche Antragsverfahren gestaltete sich schwierig. Das übliche Gutachten nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz war in Herr Sachtelebens Fall kaum zu erstellen, weil die mobilen Ställe alle vier Wochen auf einem Gesamtgrundstück von 35 ha und verschiedenen Flurstücken bewegt werden, während übliche Gutachten von einem Stall und einem festen Ort ausgehen, an dem die Emissionen gemessen werden. Herr Sachteleben hätte sich seitens der Behörden vor allem eine bessere Kommunikation untereinander gewünscht, weil alle beteiligten Sachbearbeiter nur versucht hätten, sein Vorhaben in die üblichen Kategorien einzufügen, was aber offensichtlich nicht passte und zu Widersprüchlichkeiten führte. Er wünscht sich, dass sich die zuständigen Sachbearbeiter zukünftig mehr zutrauen und schneller Entscheidungen treffen würden.

Stiftungsvorstand Till Bartelt zur Wahl des Preisträgers: „Herr Sachteleben ist mit seinem neuartigen Konzept ein Pionier der Landwirtschaft und zeigt mit seinem Fall eine schablonenhafte Rechtsanwendung. Selbstverständlich ist nicht zu beanstanden, wenn für die Haltung von tausenden Schweinen auf engem Raum auch ein Emissionsgutachten gefordert wird, aber doch nicht für jede Haltung von Schweinen. Das Verlangen zeit- und kostentreibender Maßnahmen muss im Einzelfall auch gerechtfertigt sein und werden.“

Die ausführliche Falldarstellung ist in der Online-Fallsammlung der Werner Bonhoff Stiftung abrufbar unter:

https://www.werner-bonhoff-stiftung.de/peer-sachteleben-schlehbaumhof-bauamt-landkreis-osnabrueck/

Weitere Informationen: Die Werner-Bonhoff-Stiftung vergibt in ihrem Projekt „Bürokratie Therapie“ seit 2006 den mit 50.000 Euro dotierten „Werner-Bonhoff-Preis-wider-den-§§-Dschungel”. Ausgezeichnet werden unternehmerische Menschen, die Bürokratismus nicht einfach hinnehmen, sondern mit ihren Erfahrungen Verbesserungen „von unten nach oben“ anregen. Die Stiftung ermutigt und befähigt unternehmerische Menschen, einen Beitrag zur notwendigen Kontrolle und Motivation der Verwaltung von außen zu leisten.