Wenn eine junge TikTokerin sich über die Bevorzugung von Eltern am Arbeitsplatz beschwert, dauert es nur Minuten, bis das kollektive Augenrollen der älteren Generationen einsetzt: “Typisch Gen Z – immer gleich beleidigt!” Doch halt – ist es wirklich so einfach? Sind die Jungen heute tatsächlich anders als früher? Oder wiederholt sich hier nur ein uraltes Schauspiel in modernem Gewand?
Warum der Generationenkonflikt eine Illusion ist
Wer in diesen Tagen aufmerksam durch die sozialen Medien scrollt, könnte den Eindruck gewinnen, dass sich die Generationen noch nie so unversöhnlich gegenüberstanden wie heute. “Ok Boomer” hier, “verwöhnte Zoomer” dort. Doch die Wissenschaft räumt mit diesem Mythos gründlich auf.
Die Generationen-Falle
Eine aktuelle Studie der Universität Leipzig um den Psychologen Hannes Zacher zeigt: Das Konzept der “Generationen” als Erklärungsmodell für unterschiedliche Verhaltensweisen und Einstellungen ist weitgehend wertlos. Die viel zitierten Unterschiede zwischen Boomern (1946-1964), Generation X, Millennials und der Generation Z (1997-2012) halten einer wissenschaftlichen Überprüfung nicht stand. Weder in der Arbeitsmotivation noch in der oft beschworenen “Narzissmus-Epidemie” lassen sich signifikante generationenspezifische Unterschiede nachweisen.
Das wahre Thema: Jung gegen Alt
Was also steckt hinter den vermeintlichen Generationskonflikten? Die Antwort ist so simpel wie erhellend: Es ist das Alter, nicht das Geburtsjahr. Schon Sokrates klagte über die respektlose Jugend, die “Tyrannen spielen” wolle. Im Mittelalter beschwerten sich Gelehrte über die mangelnde Arbeitsmoral junger Menschen. Und auch unsere Großeltern wurden von ihren Eltern als “verwöhnte Generation” bezeichnet.
Der entscheidende Unterschied liegt nicht darin, wann jemand geboren wurde, sondern in welcher Lebensphase er oder sie sich befindet. Mit 20 sieht man die Welt nun mal anders als mit 50 – und das ist auch gut so. Die vermeintliche “Work-Life-Balance-Obsession” der Gen Z unterscheidet sich kaum von der “Null Bock”-Haltung der 80er oder der Hippie-Bewegung der 60er Jahre. Es sind die gleichen Fragen, nur in zeitgemäßem Gewand.
Prägende Ereignisse
Auch die beliebte These der “prägenden Ereignisse” hält einer kritischen Prüfung nicht stand. Sicher, jede vermeintliche Generation hat ihre Traumata: Die einen erlebten den Vietnamkrieg, andere Tschernobyl, die Jüngeren den 11. September oder Corona. Doch die Forschung zeigt: Diese Ereignisse erschüttern Menschen aller Altersgruppen gleichermaßen – egal ob 20 oder 60. Die unbequeme Wahrheit lautet also: Das Konzept der Generationen gehört in die akademische Mottenkiste. Eine gute Nachricht ist das trotzdem: Weder müssen “die Jungen” ihr angebliches Generationen-Schicksal beweinen, noch die Älteren über den “Verfall der Jugend” lamentieren. Zeit, dieses Kapitel zu schließen und nach vorne zu schauen.
Fazit: Versöhnlicher Ausblick
Vielleicht liegt die Lösung darin, den Begriff “Generation” einfach ad acta zu legen. Stattdessen sollten wir uns darauf konzentrieren, was uns verbindet: Die gemeinsamen Herausforderungen unserer Zeit, von Klimawandel bis Digitalisierung, betreffen uns alle – egal ob Boomer oder Zoomer.
Der nächste virale TikTok-Rant über Boomers oder die nächste Zeitungskolumne über die “verwöhnte Jugend” – sie sollten uns höchstens ein müdes Lächeln entlocken. Denn eines ist sicher: In 30 Jahren werden die heutigen Zoomer über die dann “unmögliche Jugend” klagen – und der Kreislauf beginnt von