Jagd heute - Gedanken einer Jägerin

Jagd heute – Gedanken einer Jägerin

Vielen ergeht es so: Wenn sie sich das Bild eines Jägers ausmalen, sehen sie schnell ältere Menschen, meist Männer, vor sich. Etwas verschroben gerne noch, das Vorurteil des mordenden Menschen muss aufrechterhalten werden.

Dieses Bild ist allerdings nicht mehr aktuell. Denn immer mehr junge Menschen zieht es zur Jagd. Warum das so ist, versucht Kathrin Depka, 34, aus Köln, immer wieder ihren Freunden zu erklären.

Menschen in Jagd und Natur – was bedeutet die Jagd?

Ganz genau kann ich gar nicht mehr sagen, wann ich beschloss, meinen Jagdschein zu machen. Seit ich zugesagt habe, mache ich mir echt Gedanken, was es ist, das die Jagd so „toll“ macht. Es sind Gefühle, die schwer zu beschreiben sind, bzw. die ich selber für mich noch zuordnen muss.

Das sind Worte, die im Gespräch mit einer Jägerin nicht unbedingt jeder erwartet. Auch sonst entspricht Kathrin Depka aus Köln nicht dem Prototyp einer naturverbundenen Jägerin. Die diplomierte Designerin ist selbständig und passt sehr gut in das Bild einer urbanen Frau, die in den Metropolen der Welt neuen Trends nachspürt – damit ist sie sehr polarisierend für das Thema.

Fleisch hat immer mit Töten zu tun

Neben der Verbundenheit mit der Natur, den Tierbeobachtungen und dem vielen, höchst interessanten Wissen über die heimische Flora und Fauna spielt natürlich auch das Erlegen von Tieren eine Rolle. Ja, wir reden von Erschießen, vom Töten eines Tiers. Das ist auch die meist gestellte Frage im Bekanntenkreis – wie ich das denn übers Herz bringe. Und nein, es sind keine Vegetarier oder Veganer, die so etwas fragen. Seit ich meinen ersten Bock geschossen und gegessen habe und aktiv darüber nachdenke, ist mir Vieles klar geworden.

Man spürt den Kreislauf des Lebens

Es ist die Zurückführung zu den Ursprüngen des Lebens. Man ist Teil der Natur, man tötet, was man respektiert und isst, was man getötet hat. Mir ist erst dadurch so richtig bewusst geworden, dass wir kein Fleisch essen, sondern Tiere.

Vielleicht mag es übertrieben klingen: Aber ich tendiere stark dahin, dass ich nur noch essen möchte, was ich selber erlegt habe. Fleisch, für das ich selber die Verantwortung übernommen habe, für das ich stunden- oder auch tagelang angesessen habe, das ich selber getötet und ausgenommen habe, dem ich mit dem „letzten Bissen“ (das Eichenblatt, was man dem erlegten Tier ins Maul legt) die letzte Ehre erwiesen habe und von dem ich weiß, dass es ein schönes Leben in Freiheit hatte.

Ich finde das ist so ein natürlicher und tier-ethisch korrekter Weg der „Fleischproduktion“, ich habe damit weniger schlechtes Gewissen als beim Kauf vom konventionellen Fleisch, wo ich mir die Bilder der Haltung und Schlachtung nicht annähernd vorstellen kann.

Wir sind heute sehr weit weg von der Natur

Mir war nicht bewusst, wie sehr ich mich von der Natur entfremdet hatte. Ich dachte alleine dadurch, dass meine Großelter einen Bauernhof hatten und mir immer bewusst war, dass Tiere sterben müssen, um Fleisch zu erhalten, wäre ich noch relativ nah dran an der Natur. Aber dem war nicht so. Ich habe noch nie Fleisch mit so viel Respekt gegessen wie jetzt.

Ich kann bzw. möchte nicht vegetarisch leben und ich verstehe alle Menschen sehr gut, die Fleisch lieben und nicht darauf verzichten würden. Aber es wäre gut, wenn sich jeder Mensch – zumindest einmal im Leben – der Verantwortung für sein Fleisch selber stellen würde.

Bitte nicht in einem Mastbetrieb, wo der Tod des Tieres geradezu eine Erlösung darstellt. Sondern auf ganz natürliche Art und Weise in der Natur mit frei lebenden, glücklichen Tieren. Dann sähe die Welt für viele anders aus. Dann müssten die Menschen darüber nachdenken, dass Fleisch irgendwo herkommen muss.

Dieses neue Bewusstsein, das ich durch das direkte Erleben erst erlernen und erfühlen musste, macht das Leben nicht unbedingt schöner, aber ich bin dennoch sehr dankbar für die Erkenntnisse. Und nun weiß ich, warum ich tatsächlich den Jagdschein gemacht habe.

Es fing aus reinem Interesse an der Natur an und ich habe die ersten Monate während des Jagdscheins immer noch gesagt, dass ich nicht weiß, ob ich jemals ein Tier töten kann oder töten möchte. Aber nun hat es mich viel weiter geführt, als ich es jemals gedacht hätte.