Es gibt heute fast überall alles. Fremdländische Restaurants sind ebenso gegenwärtig wie exotische Lebensmittel. Wir essen indisch, italienisch, französisch und asiatisch, trinken Säfte von Früchten aus Südamerika und würzen mit Kräutern aus Afrika. Die Welt hat eine lange Geschichte hinter sich, die eine Vielzahl von Staaten und Kulturen entwickelt hat. Sprache und Kultur sind ebenso prägend für ein Land wie seine Küche. Nationalgerichte spiegeln den Stolz der Einwohner auf ihre Küche wieder und Heimweh bekämpft jeder Mensch dieser Erde am besten mit dem Besuch eines Restaurants seines Landes oder mit dem Kochen von Spezialitäten aus seiner Heimat.

Die Geschmäcker der Welt

Ayurvedische Küche

Ayurvedische Küche

Gleich 5 Kontinente prägen die Küchen der Welt – fünf Welten, die unterschiedlicher nicht sein können. Mit den 5 Kontinenten ist es nicht genug: Viele Länder mit vielen Nationalküchen prägen die kulinarischen Kulturen und innerhalb der Länder sind die regionalen Gegebenheiten nicht zu vernachlässigen.

Schon der Blick auf die heimische Küche zeigt, wie unterschiedlich die Geschmäcker in den jeweiligen Regionen sind. Wer über die Geschmäcker der Welt spricht, sollte von über 2.000 verschiedenen Küchen ausgehen. Die Unterschiede in den Geschmäckern haben neben der kulturellen Prägung im Wesentlichen zwei Ursachen: Die Vegetation des Landes und die klimabedingten Möglichkeiten der Aufbewahrung und des Haltbarmachens. Die Erklärung für die verschiedenen Garmethoden ist simpel und reicht weit zurück in die Zeit, als es weder Kühlschränke noch globale Logistik gab: In Ländern mit gemäßigtem Klima wie Mitteleuropa oder Nordamerika konnten die Menschen auf reichhaltige Schätze der Natur zählen. Die Ernte bestimmte den Speiseplan ebenso wie die Jagd und das Fischen im Meer, in Flüssen und Seen. In kalten Ländern mussten sich die Menschen warmhalten und brauchten mehr Fett zum Leben, andererseits fehlten wegen des kühlen Klimas Anbaumöglichkeiten für tropische Früchte – die Auswahl war auf heimisches Obst und Gemüse beschränkt. Exotik hatte auf die Entwicklung traditioneller Küchen keinen Einfluss: Was es nicht gab, wurde nicht gegessen. Dafür sind die regionalen Tafeln oft reichlich gedeckt. Wo die Wiesen grün sind, gibt es beispielsweise viel Fleisch. Durch eine Verarbeitung – etwa zu Wurst – konnte die Haltbarkeit für die gemäßigten Temperaturen deutlich verlängert werden. Das Können der Wurstmacher hat den Einzug der Technik überlebt: Die von Hand hergestellten Produkte werden jetzt wegen Ihres Geschmacks gewählt. In heißen Regionen wiederum gibt es mehr Obst und Früchte. Sie sind oft Grundnahrungsmittel. Zum einen, weil sie dort von Natur aus wachsen, zum anderen, weil der Körper weniger Energie zum Heizen benötigt – aus diesem Grund schmeckt der Salat im Sommer auch besser als im Winter. In warmen Ländern wird unter anderem deshalb scharf gegessen, weil durch Schärfe das Wachstum von Bakterien gehemmt wird. Gut gewürzte Speisen öffnen obendrein die Poren am ganzen Körper und fördern das Schwitzen – der Körper kühlt sich durch heiße Speisen ab.

Cross-Cultural-Kitchen & Food Pairing

Heutzutage sind Lebensmittel aus aller Welt fast überall zu haben. Für die Köche bedeutet es, die kulinarischen Möglichkeiten in ihrer Vielfältigkeit bis fast ins Grenzenlose auszuweiten und dabei trotzdem nicht die traditionellen Wurzeln verlieren zu müssen. Cross-Cultural-Food ist eine Strömung, die ihren Ursprung in England fand und sich ständig weiter verbreitete. Die Einflüsse der Italiener in den sechziger Jahren sind mittlerweile in unserer Küche so etabliert, dass vieles gar nicht mehr als Italienisch wahrgenommen wird. Die französischen Einflüsse gelten hier ebenso wie die osteuropäischen Rezepte, die zu regionalem Gut wurden. Um heute im kulinarischen Sinne von verschiedenen Kulturen sprechen zu können, muss der Schritt noch weiter gehen. „Asia trifft Austria“ wäre eine solche Kombination, Schnitzel und Sushi auf einem Teller vereint. Es gibt Restaurants, die Köche verschiedener Kontinente getrennt arbeiten lassen. Aus dem einen Kontinent kommt Fisch oder Fleisch, zwei weitere kochen für sich kontinentaltypische Beilagen. Jede Küche kocht separat, erst am Pass werden die unterschiedlichen Speisen zu einem Gericht vereint. Andere wiederum mischen Zutaten und Garmethoden. So werden in Fernosten bekanntlich die Gewürze zuerst angebraten, während sie hier eher zum Schluss ins Essen kommen. Wer klassische Speisen in Originalrezeptur einfach nur in anderer Garmethode zubereitet, hat spannende Abwechslung zu bieten. Eine interessante Idee, die sonst immer gleichen, idealerweise typisch deutschen Gerichte so als Varianten auf den Tisch zu bringen: Zum Beispiel Kohl global – europäisch, asiatisch, afrikanisch und amerikanisch. Eine weitere Methode, neue Kombinationen zu entdecken, ist sicherlich das Food Pairing. Hier werden Aromen nach wissenschaftlichen Grundlagen harmonisch kombiniert und so oft eigentlich Unvorstellbares zusammengebracht. Mit den Tabellen des Food Pairings, entworfen vom belgischen Biologie-Ingenieur Bernard Lahousse, kommen Kombinationen ans Tageslicht, die oft gar nicht angedacht wurden. Letztendlich aber bleibt es jedem Koch selbst überlassen, ob er mit Ausflügen in andere Länder eher den kulinarischen Konsens sucht und Zutaten und Garmethoden vereint, die nah beieinander liegen oder lieber die aromatische Avantgarde wählt und den Gast mit tollkühnen Kombinationen herausfordert. Beide Stile haben ihre Berechtigung und finden ihre Gäste.

Dauerunsinn Multi-Kulti

Eines zum Schluss: Seit über 20 Jahren beherrscht der Begriff Multi-Kulti die Medien. Mit Multi-Kulti wird das Nebeneinander der Kulturen beschrieben, das Miteinander der Menschen – speziell in Städten. Multi-Kulti wäre kein Nebeneinander, sondern eine Mischung aus allem. Wenn beim Italiener ein Franzose indisch kocht, käme diese Situation Multi-Kulti sehr nahe. Bei parallel existierenden Küchen, die ihre Eigenständigkeit bewahren und nebeneinander leben, ist Poly-Kulti der passende Ausdruck. In polykulturellen Gegenden – und so sind die als Multi-Kulti bezeichneten Stadtteile – leben die Kulturen nebeneinander, tauschen sich aus – sie lernen vom Nachbarn und bewahren, was sich zu bewahren lohnt. Wer die Tradition pflegen will und dabei fremde Einflüsse bewusst einbaut, um die Wurzeln der eigenen Region zu variieren, sollte sich von dem Gedanken „Multi-Kulti“ verabschieden und jeden Geschmack dieser Welt als eigenständig betrachten und behandeln.