„Mein Team ist unfähig. Ich finde einfach keine besseren Leute.“ Diese Klage hört man täglich in Restaurants und Hotels. Mitarbeiter kommen zu spät, arbeiten ungenau, zeigen keine Initiative. Der Service happert, Gäste beschweren sich, und der Unternehmer steht scheinbar allein da.

Doch was, wenn das Problem ganz woanders liegt? Was, wenn das Team nur widerspiegelt, was der Chef nicht wahrhaben will? In der Gastronomie und Hotellerie zeigt sich eine unbequeme Wahrheit: Das Team fungiert als gnadenloser Spiegel der Führung.

Schulterblick nach innen: Wenn der Chef das Problem ist

Ein Hotel oder Restaurant funktioniert wie ein lebender Organismus. Der Unternehmer ist das pulsierende Herz – seine Energie, seine Haltung, sein Verhalten durchströmen jeden Winkel des Betriebs. Unmotivierte Mitarbeiter spiegeln oft die eigene Lustlosigkeit der Führungskraft wider. Wenn niemand Verantwortung übernimmt, liegt das meist daran, dass sie gar nicht übertragen wird.

Die Mitarbeiterauswahl verrät bereits viel über die Führungsqualität. Wer unter Zeitdruck wahllos einstellt, erntet entsprechende Ergebnisse. Wer schwammig kommuniziert, darf sich über unklare Resultate nicht wundern. Gestresste, chaotische Chefs ziehen magisch ähnliche Charaktere an – ein Teufelskreis, der sich nur schwer durchbrechen lässt.

Mikromanager schaffen unselbständige Angestellte. Wer nie lobt, bekommt unmotivierte Teams. Unklare Ansagen führen zu Fehlern und Frust. Das Team wird zum Spiegelbild der Führungsschwächen – oft unbewusst, aber immer unerbittlich ehrlich.

Vom Chef zum Trainer: Die Kunst der Menschenführung

Im Sport ist es selbstverständlich: Spitzensportler wollen Spitzentrainer. Ein guter Coach verwandelt durchschnittliche Spieler in Gewinner-Teams. Genau diese Rolle sollten Gastronomen und Hoteliers übernehmen. Nicht der beste Koch oder Servicekraft zu sein, sondern der beste Entwickler von Talenten.

Die Magie liegt in der richtigen Mischung: Menschen mit Potenzial erkennen, sie gezielt fördern, klare Spielregeln aufstellen und dann Vertrauen schenken. Ein Restaurant-Chef, der die schüchterne Auszubildende zur selbstbewussten Serviceleiterin entwickelt, hat mehr erreicht als jeder Sternekoch. Ein Hoteldirektor, der aus einem orientierungslosen Quereinsteiger einen leidenschaftlichen Rezeptionisten formt, versteht sein Handwerk.

Das Ziel ist klar: Teams, die auch ohne ständige Kontrolle brillieren. Mitarbeiter, die mitdenken, Probleme eigenständig lösen und stolz auf ihre Arbeit sind. Menschen, die Gästen das Gefühl geben, willkommen zu sein – weil sie selbst gerne da sind, wo sie arbeiten.

Führung in der Gastronomie: Konkrete Schritte

Der Blick in den Spiegel ist der erste Schritt. Was zeigt das Team über die eigene Führung? Welche Schwächen werden sichtbar? Ehrlichkeit sich selbst gegenüber ist schmerzhaft, aber unerlässlich. Nur wer seine Defizite erkennt, kann sie angehen.

Bei der Mitarbeiterauswahl Zeit zu investieren, zahlt sich aus. Die richtigen Fragen stellen, Motivation vor Erfahrung bewerten, auf das Bauchgefühl hören. Ein motivierter Neuling schlägt oft den abgebrühten Profi, der innerlich bereits gekündigt hat. Klare Erwartungen kommunizieren, Arbeitsabläufe erklären, regelmäßig Feedback geben – sowohl Lob als auch konstruktive Kritik.

Der schwierigste Schritt: Loslassen lernen. Aufgaben delegieren, Verantwortung übertragen, Fehler als Lernchancen akzeptieren. Wertschätzung zeigen kostet nichts, bewirkt aber Wunder. Ein ehrliches „Das war großartig“ motiviert mehr als jede Gehaltserhöhung. Und schließlich: Selbst das Vorbild sein, das man in seinen Mitarbeitern sehen möchte. Pünktlichkeit, Freundlichkeit, Professionalität – alles beginnt an der Spitze.

Veränderung beginnt immer oben

Führung in der Gastronomie ist kein Bücherwissen, sondern Handwerk. Wenn das Team nicht funktioniert, liegt die Antwort meist nicht in neuen Mitarbeitern, sondern in neuen Führungsmethoden. Der Spiegel lügt nicht – er zeigt nur das, was da ist.

Erfolgreiche Unternehmer verstehen: Ihre wichtigste Aufgabe ist nicht das operative Geschäft, sondern die Entwicklung ihrer Menschen. Wer sein Team zum Erfolg führt, führt automatisch sein Unternehmen zum Erfolg. Der erste Schritt ist dabei immer derselbe: Den Mut aufbringen, ehrlich in den Spiegel zu schauen und bei sich selbst anzufangen.

Denn am Ende des Tages ist jedes Team nur so gut wie die Führung, die es prägt. Und jede Führungskraft bekommt genau das Team, das sie verdient.