Er hat es wieder getan: Günter Hager legt mit neuem Roman “Fucking Gastro reloaded” nach.
Noch mehr Frontberichte aus dem Vorschriften-Dschungel
Günter Hager, Linzer Gastronomie-Legende („Josef“) und Bestsellerautor, lädt nach: Seinem tausendfach verkauften und heftig diskutierten Buch “Fucking Gastro” folgt nun “Fucking Gastro reloaded”.
Auf rund 280 Seiten liest man in “Fucking Gastro reloaded” nicht nur von Günter Hagers persönlichen Erfahrungen aus fast 50 Jahren Gastronomie. Auch Hagers Kollegen wie Spitzenkoch Heinz Reitbauer sen., Hotelier-Doyen und Ex-Politiker Helmut Peter, Bordeaux-Papst René Gabriel oder Volksfestwirt-Legende Hans Lothar Hofstetter sowie weitere Brancheninsider berichten über unglaubliche Erlebnisse im Dschungel der tausenden neuen Auflagen. Und es werden Auswege aus diesem Dschungel aufgezeigt, die das Aussterben des Kulturguts Wirtshaus vielleicht doch noch im letzten Moment stoppen könnten.
Autor und Topwirt Günter Hager zu seinem neuesten Werk:
„Der Erfolg meines ersten Buches ‘Fucking Gastro‘ und die unzähligen Reaktionen meiner Gastro-Kollegen darauf haben mich überwältigt. Immer wieder hörte ich Sätze wie: Ja, genau das hab ich auch erlebt! Mehr und mehr wurde mir klar: Die Sache ist noch lange nicht zu Ende. Es gibt noch viele unglaubliche Geschichten vom täglichen Überlebenskampf gegen Bürokratie, Schikanen und Ignoranz zu erzählen. Es gibt (leider) noch genügend Gründe für ‘Fucking Gastro reloaded’.
Leseprobe Fucking Gastro reloaded: Mit Fleiß nicht zu schaffen!
Ich bin in der glücklichen Situation, einen Sohn zu haben, der mein 45-jähriges Lebenswerk in der Gastronomie fortsetzen will. Aber: Ist das wirklich Glück? Glück für ihn? Seit geraumer Zeit versuche ich, ihm die Situationen und Probleme deutlich zu machen, die schlussendlich den wahren täglichen Kampf des Unternehmers ausmachen:
Schauplatz 1, volles Haus: Mitarbeiter kommt nicht, obwohl ohnedies zwei Kellner zu wenig im Dienst sind. Unter der Handynummer des fehlenden Kollegen hebt mal wieder keiner ab. Mitarbeiter nicht erreichbar, was tun?
Schauplatz 2, Hochbetrieb in der Küche: Die Gäste beschweren sich über lange Wartezeiten. Keiner wagt es, den Küchenchef auf die gereizte Stimmung aufmerksam zu machen. Nun ist der Wirt gefordert, in die bereits tobende Küchenschlacht einzugreifen. Ein Wort ergibt das nächste und der ohnedies nicht unbedingt nervenstarke Küchenchef schmeißt das Handtuch bzw. die Küchenschürze und wünscht beim Hinausgehen noch viel Spaß beim Weiterkochen!
Schauplatz 3, Gastgarten: Bereits zum dritten Mal an diesem Tag verjagt ein Regenschauer mitten im stressigen Mittagsgeschäft die auf ihr Essen wartenden Gäste. Nichts wie rein ins Restaurant auf die wenigen noch freien Plätze! Mit voll beladenem Tablett stehen Speisenträger ratlos vor den eben noch belegten Tischen und beginnen mit der fieberhaften Suche nach „ihren“ Gästen. Nicht immer wird man gleich fündig, manche Speise kühlt merklich ab und damit auch die Stimmung der Gäste. Das schlägt sich natürlich auch auf das Personal nieder. Irgendwann reicht es dann auch dem Aushilfskellner. Solchen Stress hat er noch nie erlebt. Also stellt er sein volles Speisentablett am nächsten leeren Tisch ab (von denen gibt’s im feuchten Gastgarten mittlerweile ja genügend) und verlässt seine Arbeitsstätte. Ohne sich abzumelden, für immer. Erst durch die heftigen Wortmeldungen eines bereits äußerst wütenden Gastes erfährt die Mannschaft von der Abwesenheit des so wichtigen Bindegliedes zwischen Küche und Service. Das Chaos ist perfekt.
Schauplatz 4, Finanz im Haus: „Die Finanz ist im Haus!“ – In früheren Zeiten ein überaus seltenes Ereignis, das im schlimmsten Falle damit endete, dass der Wirt seine Arbeit hinschmiss, die Wirtsleute sich scheiden ließen oder der eine oder andere schwer Geprüfte keinen anderen Ausweg mehr sah, als sein Leben am wirtshauseigenen Dachboden zu beenden. Alles leider schon passiert. Heute ist der Besuch der Finanzbeamten zwar um nichts angenehmer, mittlerweile gehört er aber schon zum Alltag im Wirteleben. Fast könnte man meinen, die Einsätze sind eher Teil einer publikumswirksamen Werbekampagne, als wahrhaftige Kontrollgänge: Werbewirksam gekennzeichnete Einsatzfahrzeuge vor allen Aus- und Eingängen des Wirtshauses. Finanzpolizei und andere Einsatzkommandos, die – zum Teil bewaffnet – filmreif durch das volle Lokal 76 schwirren. Absoluter Stillstand des Serviceablaufes, vorzugsweise im Mittags- oder Abendgeschäft. CSI-inspirierte Einsatzkräfte fotografieren – nein, keine Leichen, sondern – die Dienstpläne und kontrollieren gleich darauf, ob auch alle Mitarbeiter aufzeichnungsgemäß im Einsatz und angemeldet sind. Wehe, wenn etwa die servicetechnische Hilfskraft zwar ordnungsgemäß angemeldet ist, aber aufgrund der Hektik mal eine Kellnerbrieftasche eingesteckt hat! Ein Umstand, der nicht der Gebietskrankenkasse gemeldet ist, also Grund genug für eine saftige Verwaltungsstrafe. Finanzstrafe und Nachzahlung bei der Gebietskrankenkasse inklusive.
Schauplatz 5, Sommerloch: Alle Gäste auf Urlaub, am nahen Badeteich, in einem der unzähligen Golfplatzrestaurants oder beim Gratisfest der örtlichen Partei. Das Konto wieder mal heftig überzogen. Die Mitarbeiter warten auf ihren Lohn, inklusive des gesetzlich vorgeschriebenen 13. Monatsgehalts – in einem Geschäftsjahr, das auch nicht mehr als zwölf Monate hat. Viele ausstehende Rechnungen von treuen Firmenkunden, die ständig um noch längere Zahlungsziele ersuchen. Kein Geld am Konto, Kampf ums wirtschaftliche Überleben. Der zuständige Bankberater zeigt vollste Anteilnahme, hält aber fest an Basel I bis IV. Ratlosigkeit.
Wohl jeder Gastronomie-Kollege kann dieses traurige Lied singen und mit Sicherheit noch einige Strophen hinzufügen. Auch mein Sohn kennt alle diese Situationen bestens. Trotzdem ist er überzeugt, all diese Stolpersteine überwinden zu können. Jugendliche Dynamik, die zum Erfolg führt, oder jugendlicher Leichtsinn, der ein schlimmes Ende nimmt?
Ja, ich traue meinem Sohn viel zu. Sehr viel. Er wird durch besseres Controlling einen besseren Wareneinsatz hinbekommen! Er wird durch eine ausgeklügelte Diensteinteilung geringere Personalkosten erreichen. Und er wird durch mehr Sorgfalt und intensivere Schulungen die permanent steigenden Betriebskosten in den Griff bekommen! Und siehe da: Die Gewinne werden ihren Sinkflug beenden, sie werden wieder steigen und all die oben genannten Sorgen werden sich in Luft auflösen … Hier müsste die Story enden. Eine wunderbare Vorstellung für einen besorgten Vater. Ich fürchte aber, dass die Geschichte weitergeht.
Mein Sohn wird erfahren müssen, dass Fleiß und Einsatz zu wenig sind. Dass eine nimmersatte Regierung durch den sorglosen Umgang mit mühsam verdienten Steuergeldern an seinen Gewinnen nagen wird. Dass immer neue Auflagen, neue unverständliche Gesetze und neue bürokratische Auflagen neue Belastungen bedeuten.
Mein Sohn wird einen noch höheren Einsatz an den Tag legen. Er wird noch mehr Schulden machen, um durch neue teure Ausstattung und aufwendige logistische Lösungen auf einen grünen Zweig zu kommen. Er wird sich selbst ausbeuten und auch die Kraftreserven seiner Familie verbrauchen. Und 78 trotzdem wird er letztlich eines erkennen müssen: Mit fleißiger Hände Arbeit ist sein Gegner nicht zu besiegen. Denn im gleichen Maße wie die Gewinne, steigt auch die Fantasie der Behörden, diese Gewinne zu beschneiden.
Also, mein Sohn: Was wirst du tun? Auf deinen alten, erfahrenen Vater hören und den Wirtsberuf an den Nagel hängen? Oder wirst du das tun, was schon Tausende Söhne vor dir getan haben: Dem Vater beruhigend auf die Schulter klopfen und dann tun, was du für richtig hältst?
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