BGH weist Revision zurück: Hotel darf für Gäste Mindestalter von 16 Jahren vorsehen – kein Verstoß gegen AGG (Berlin/Karlsruhe, 28. Mai 2020.)

Ein Hotel verstößt nicht deswegen gegen das Diskriminierungsverbot, weil es Gäste erst ab einem Alter von 16 Jahren beherbergt. Der Bundesgerichtshof (BGH) gab im Rechtsstreit zwischen einem Wellness- und Tagungshotel und einer Familie mit fünf Kindern dem von SKW Schwarz Rechtsanwälte vertretenen Hotel Recht und bestätigte die Urteile der Vorinstanzen. Danach können Bereiche, in denen Erwachsene unter sich sind, sachlich gerechtfertigt sein (Urteil vom 27. Mai 2020, Az. VIII ZR 401/18).

Mindestalter ab 16 Jahren

Die Eltern hatten im Namen ihrer fünf minderjährigen Kinder gegen ein Wellness- und Tagungshotel in Bad Saarow, Brandenburg, geklagt, das nur Gäste aufnimmt, die älter als 16 Jahre sind. Entsprechend hatte das Hotel eine Übernachtungs-anfrage der späteren Kläger für die Familie abgelehnt. Die Eltern sahen ihre Kinder ungerechtfertigt benachteiligt und verlangten eine Entschädigung von 500 Euro je Kind.

In der Klage vor dem Amtsgericht Fürstenwalde/Spree (Az.12 C 7/17) beriefen sich die Eltern auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) und mahnten eine nicht gerechtfertigte Benachteiligung der Kinder wegen des Alters an. Das Gericht wies die Klage als unbegründet ab.

Zum einen handele es sich bei der Beherbergung in einem Wellness- und Tagungshotel nicht um ein sogenanntes Massengeschäft im Sinne des AGG, welches eine Benachteiligung verbiete.

Zum anderen sei die unterschiedliche Behandlung in diesem Fall gerechtfertigt, weil ein sachlicher Grund vorliege: Es stünden die Interessen der Kinder den Interessen der Erholung suchenden Erwachsenen entgegen, und es gebe keinen nachvollziehbaren Grund, hier den Interessen von Kindern höheres Gewicht beizumessen.

Wäre in einem solchen Fall eine Differenzierung hinsichtlich des Alters unzulässig, hätten Gäste mit dem Wunsch nach einer erholsamen Atmosphäre nirgendwo die Möglichkeit, eine solche zu finden, so das AG Fürstenwalde.

Das Landgericht Frankfurt Oder (Az. 15 S 165/17) bestätigte im Ergebnis dieses Argument: Mit dem Ausschluss von Kindern unter 16 Jahren handele das Hotel nicht willkürlich, sondern lege ein nachvollziehbares Ziel im Rahmen seines Geschäftsmodells zugrunde.

Der Bundesgerichtshof schloss sich in der Revisionsinstanz dem an. Die Wahl dieses Geschäftsmodells mi Mindestalter sei Ausdruck der Privatautonomie, so die Richter in der mündlichen Verhandlung.

„Im Arbeitsrecht gilt aufgrund europarechtlicher Vorgaben ein umfassender Schutz vor Diskriminierung durch den Arbeitgeber; das betrifft auch die Benachteiligung wegen des Alters“, sagt SKW Schwarz Partner Dr. Martin Römermann als Vertreter des beklagten Hotels.

Das AGG schränkt die Entscheidungsfreiheit der Arbeitgeber ein, damit sie ihre überlegene Stellung nicht aus diskriminierenden Motiven ausnutzen. „Im Allgemeinen Vertragsrecht hingegen gelten diese Grundsätze nur eingeschränkt, weil es dort keine grundsätzlich überlegene Stellung eines Vertragspartners gibt“, ergänzt sein Kollege Arndt Tetzlaff.

„Daher ist es Teil der Privatautonomie, eine Beherbergung nicht jedermann zur Verfügung zu stellen, sondern einer bestimmten Zielgruppe. Ergänzend heben die Gerichte hervor, dass eine unterschiedliche Behandlung dann gerechtfertigt ist, wenn es für sie einen sachlichen Grund gibt.

Das Erholungsbedürfnis älterer Menschen in einem ruhigen Bereich kann ein solcher Grund sein, zumal dann, wenn – wie im vorliegenden Fall – genügend Ausweichmöglichkeiten für den Urlaub mit Kindern vorhanden sind.“

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