Immer öfter liest und hört man von Kochkollegen, die sich von der Sterneküche verabschieden, um ihr Glück in einer Kantine zu finden. Das hat in erster Linie persönliche Gründe und dennoch scheint es dabei Gemeinsamkeiten zu geben.
Kantine statt Sterneküche
Für viele Köche, die sich gegen die Sterneküche und für die Arbeit in einer Kantine – dem vermeintlichen Pendant – entscheiden, hat dies nichts mit einer Zwei-Klassen-Gesellschaft zu tun, aus der sie aussteigen, sondern vielmehr mit mehr Planbarkeit und der leichteren Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Klar, das Niveau, auf dem gekocht wird, ist ein anderes, es liegen schließlich ganz andere Kalkulationsmöglichkeiten zu Grunde. Doch die Wertschätzung der Gäste ist sowohl im Sternelokal als auch in der Kantine gegeben. Dafür muss selbstredend die Qualität und der Respekt vor dem Produkt stimmen. An den eigenen Ansprüchen des Kochs ändert sich ja nichts. Belohnt wird der Kantinenkoch dann mit einer treuen und zuverlässigen Stammkundschaft.
Kantinenessen – besser als sein Ruf
Wie gut der Umstieg von Sterneküche auf Kantine gelingen kann, zeigen Andreas Wojta, der 1995 das Wiener Minoritenstüberl übernommen hat, und Enrico Netto, der die Berliner Küchen-Schickeria gegen eine Karriere als Jugendherbergskoch getauscht hat. Beide eint vor allem die Zufriedenheit mit sich und ihrer Entscheidung. Es sei ungezwungener.
Für Wojta und Netto war vor allem die Anfangszeit eine Herausforderung. Sie wollten sich mit ausgefallen Kreationen beweisen und zeigen, was sie können. Das ist aber gerade bei den enggesteckten Budgetrahmen nicht immer möglich. Also haben sie sich auf das Wesentliche besonnen und kochen nun nach ihren neuen Möglichkeiten. Die Kunst aus einfachen Produkten grandiose Gerichte zu machen, ist es, was die Aussteiger reizt. Und der Bedarf an schnellem, gutem Essen zu fairen Preisen ist da. Andreas Wojta hat es sogar geschafft, dass Maler und Manager gemeinsam am Tresen sitzen und genießen, was er ihnen kredenzt.